HASS IN DEN AUGEN Vielleicht ist es nur Einbildung oder Bestätigung von Vorurteilen , aber ich glaube in den Augen lesen zu können. Heute habe ich etwas in fremden Augen gelesen, was mich erschrocken hat, ein einziges Wort : Hass! Warum sollte der junge Mann am Steuer eines Jeeps, der mir den Weg über den Zebrastreifen am Hauptstrassenkreuz in der Altstadt abschnitt, etwas gegen mich haben außer dass er mir meine rechtliche Vorfahrt neidet? Ich schaute ihm durch das Seitenfenster vor mir direkt in die Augen- ich gebe zu, ich war wütend, und er wird die Wut in meinen Augen gesehen haben- als ich über die Strasse ging und er aggressiv Gas gab, um vor mir den Zebrastreifen zu kreuzen. Aus dieser Situation kann Fragen wir anders: Warum sollte er uns nicht hassen? Wir, die Touristen sind über sein Leben in Armut gekommen , mit unserem Geld und unseren Ansprüchen an ihn. Er erhoffte sich irgendetwas, was wir nicht kennen und nicht verstehen würden, aber es wird im Endeffekt eine Menge Geld gewesen sein, die er nicht , wie erhofft hatte ohne Gegenleistung erhalten hat. Sein Schluss: Die Touristen sind zwar reich, aber nicht freigebig, sondern verlangen etwas Adäquates auch von ihm. Sie sind Ungläubige, die zu verachten sind. Sie benehmen sich aber frei und ungebunden, wollen nur nicht belästigt werden, z.B. bei der Entscheidung einzukaufen oder nicht ,sie wollen ungestört allein entscheiden , auch über das, was von ihm für Geld erwartet wird. Er wird aus dieser von ihm nicht akzeptierten Situation in seinem Sinne das Beste machen und herausholen, was herauszuholen ist, er wird um jede Rupie feilschen , um jeden Bakschisch ringen und notfalls betrügen. Und aus dieser Situation erwächst der Hass. Und dieser Hass stand in seinen Augen. Er hätte mich wahrscheinlich angefahren, wenn ich nicht zurückgesprungen wäre. Datar , unser Fahrer, hat uns nach der Besichtigung der Altstadt in einer großen Schleife durch die Neustadt an den Ministerien, der Universität, den Privatpalästen ,dem Golfplatz und dem Poloplatz hinter hohen Mauern versteckt oder hinter massiven Zäunen gesichert vorbei gefahren. In einer der Hauptachsen der Stadt steht ein neuer Tempel aus reinem weißen Marmor allein für den Maharadscha gebaut. Nur die Familie des Maharadschas darf diesen Tempel betreten. Der Maharadscha hat statt eines Architekten einen Konditor als Baumeister engagiert, den Ecktürmchen Sahnehäubchen aufgesetzt und die Kuppel aus Zuckerguss etwas zu tief auf die Torte gedrückt. Was bewirkt eine solche Demonstration des Reichtums in den Augen des jungen Jeep-Fahrers, der wahrscheinlich nur Touristen auf der Sightseeing-Route chauffiert? Was, wenn dieser Hass der Geknechteten und den Touristen Vorgeführten der Altstadt, in dieser Masse von Müll, ausbricht? Zwar liegt eine große Polizeistation an der Kreuzung der Hauptstrassen, aber reicht diese Demonstration der Macht zur Einschüchterung? Wird die Demokratie eine Änderung der Situation herbeiführen? Wehe, wenn der Hass in Krieg umgemünzt wird! |
Jaipur 28.02.
Do, 02/28/2008 - 10:00