Cameron Highlands - Malayia 14.02.2008

ITALIEN

Denkt man an die kleinen italienischen Städten am Fuße der sich in den Süden öffnenden Alpen bis hin in den Stiefel Apuliens , schwärmt man von den langen Spaziergängen durch enge, verwinkelte Gässchen, die immer in schattigen kleinen Plätzen enden, an deren Ecken immer eine Trattoria mit Leckerem lockt, zu denen man je nach Tageszeit und Anlass einen Cappuccino, einen Cafe-Latte schlürft, oder einen kleinen kräftigen Espresso kippt. Selten ist es , wie erhofft, still, denn auch hier beherrschen erwachsene Bambinos mit ihren Mopeds die Szene , aber es bleibt ein Augenschmaus , an diesen vielfältig gestalteten Fassaden entlang zu
schweifen . Immer ist ein Gestaltungswille spürbar, wenn auch der Zahn der Zeit die ursprünglich gewollte Schönheit hat erodieren lassen. Noch dann zeigt sie sich in dem Charme des Morbiden.Das alles ist Malaysia fremd. Die vor der Sonne und dem Regen schützenden Dächer stehen
vereinzelt, fremd nebeneinander, in keinem städtebaulichen Kontext. Vor ihnen eine gerodete Fläche, ein Niemandsland , meist vermüllt und mit Fahrzeugen zugestellt. Auch die vor ein paar Jahren in der Boom-Zeit mit Gewalt hochgezogen Städte bestehen aus einer zufällig erscheinenden Ansammlung von einzelnen , zwischen die eine in Breite und Anzahl der Fahrstreifen vorgezeichnete Straße mit Notstegen am Rand für die Fußgänger gezogen ist. Im erdnahen Bereich zeigen diese Gebäude kein Gesicht. Sie haben hohe Köpfe, aber einen toten Rumpf . Das Leben am Straßenrand spielt sich an mit Wellblechen und Zelten abgedeckten Kochstellen, vor die einige Tischchen und Bänke gestellt sind , ab.
Auch in den großen Städten wird überall gekocht und alles , was an Krempel anzubieten ist, verkauft.
In den ganz modernen Anlagen liegen unter den Hochhäusern mehrgeschossige Einkaufszentren nach westlichem Muster. Eine Etage bietet ein Food- Center , alle Straßenköche sind in einem Karree zusammengefasst, in der Mitte Tische und Bänke.
In den anderen Etagen wird der Weltmarkt angeboten, vom einfachen T-Shirt mit Aufdruck bis zur Designer-Ware, echt oder gefälscht. Man muss sich den Zugang zu diesen Inseln in der Stadt, wenn man es gewagt hat, als Fußgänger in das aufgepeitschte Meer Verkehrschaos dazwischen zu werfen, richtig erkämpfen. Richtiger ist es diese Wüste aus Bruchstellen, Baustellenumrandungen , Schutt und Müll mit dem Auto zu durchqueren
und sich in einer der unteren Etagen vorfahren zu lassen.
Was soll hier ein öffentlicher Raum, outdoor ? Bei diesen klimatischen Verhältnissen ist alles indoor geplant! Es gibt keinen öffentlichen Raum outdoor . Man schlendert von Auslage zu Auslagen , ohne Türen in Fassaden öffnen zu müssen , schreitet durch vollklimatisierte Großraume, nimmt auf angebotenen Stühlen , an kleinen Tischen einen Imbiss ein. Das war es!
Keine weitere Erlebniswelt einer Gesellschaft, die sich über den Konsum hinaus persönlich darstellt. Nach der autogerechten Stadt, die verkaufsgerechte Stadt mit Sonder- Events in besonderen geschlossenen Arenas..Auch wenn man die indoor-Konzeption konsequent zu Ende entwickelt und auf das gesamte Stadtzentrum erweitert, die Inseln in den Hauptebenen miteinander verbindet, wie in Singapore in weiten Bereichen realisiert, wird es nie mehr einen öffentlichen Raum geben, vergleichbar dem der europäischen Städte, z.B. den italienischen s.o.
Es ist hochinteressant, die Auslöser für die Bildung eines öffentlichen Raumes zu analysieren, nicht nur den geschichtlichen Werdegang, die wirtschaftliche Entwicklung des Handels, sondern vor allem die sozialen Hintergründe, den Anspruch der Bewohner an den öffentlichen Raum als Darstellung ihres Lebens, den Willen zur Selbstverwirklichung, den Gestaltungswillen in der Selbstdarstellung, dem Willen der in der Stadt Herrschenden zum persönlichen Machtausdruck in der Öffentlichkeit.
Der öffentliche Raum war das persönliche Gesicht der in der Stadt lebenden Bürger. Für sie gab es Bürgerrechte, aber auch Bürgerpflichten für die Öffentlichkeit.Und das wird es im indoor-Konzept nie geben können, da dieser Raum von anderen, nicht der Stadt verpflichteten Einzelnen oder einer städtischen Gemeinschaft konzipiert und realisiert
wird- nach völlig anderen Kriterien.Wenn man sich für einen Ort in den Cameron Islands , wie hier z.B. in Brinchang , wünscht, dann als nostalgisch versackter Tourist, der in der Ferne von italienischen Städten träumt, in denen es jetzt kalt und regnerisch ist und er hier in die Sonne blinzelt Vielleicht liegt er mit seinen Urlaubsgedanken ganz falsch und sollte sich wieder der Schönheit der Natur hingeben.