Panghor 11.02.2008

Reise 2008 - Die Heilige Kuh

ALTER AFFE

Morgenspaziergang eines alten Affen.
Es ist von ihm beherrschtes Terrain. Er lässt sich langsam, betont lässig, am Ast auf den Strand herab, schaut sichernd in alle Richtungen, hat uns sofort bemerkt, aber mit einem prüfenden Blick Auge in Auge als völlig unbedenklich eingeschätzt. Er hat völlig recht. Seine lange Erfahrung hat ihm gezeigt, dass die Weißgesichtigen, die gleich zu Salzsäulen erstarren, wenn er erscheint, nur neugierig sind. Als wenn sie noch nie einen Affen gesehen hätten. Na ja, einen solchen fürstlichen Affen, Herrscher über eine so große Affenherde, mit diesem würdevollen Aussehen: breiter Backenbart , hohe Stirn, über der das Fell aufrecht steht, mit diesen klugen, runden, schwarz umränderten Augen. Schließlich hat es ja Gründe, dass die Herde ihn unumschränkt als absoluten Herrscher anerkennt. Die jungen Affen in der Pubertät mucken manchmal auf, aber ein schneller Sprung auf sie, ein paar hinter die Ohren, ein kurzes Schütteln, und die Machtverhältnisse stehen wieder.
Die Affenweibchen vergöttern ihn – und das ist ja auch völlig verständlich. Wir werden nun `mal vorweg inspizieren, was uns die Natur heute zum Frühstück serviert hat. Es wird so sein wie immer, weniger die Natur, als der Müll der menschlichen Strandgäste von gestern. Was die auch alles wegschmeißen, gut verpackt in Plastiktüten. Die Affenkinder haben ihre helle Freude mit den Plastiktüten. Die kann man schön sich auf den Kopf stülpen, und dann wild zerreißen,, es knittert ganz doll, und dann kann man sie, wenn sie ganz zerfleddert sind wieder achtlos hinschmeißen, wie vorher. Und die Speisereste daraus sind auch schon verschmaust, es waren Leckerbissen für Mensch und Affe. Da lohnt sich das mühsame Herausklauben von Früchten aus den Ästen nicht. Na ja, so richtige reife Früchte frisch vom Baum gepflückt, sind auch eine besondere Delikatesse. Aber mit der letzten Erweiterung des Ferien-Ressorts , welche als Bauruine liegen geblieben ist , sind die großen
Bäume , ja der ganze Urwaldstreifen gerodet worden. Aber als Ausgleich haben die Menschen für ausreichend Müll und Abfall gesorgt. Meine Herde ist versorgt.
Jetzt können sie langsam von den Bäumen an den Strand herunterkommen. Ich richte mich jetzt zu meiner ganzen Größe auf. Einmal um meinen Weibern das Zeichen zu geben, dass ich die Situation beherrsche, und sie sich an den Strand herunterlassen können, und zum anderen, diesem großen Fleischberg klar zu machen, dass nicht Masse Macht ist, sondern die Gebärde des aufrechten starken Affen Respekt verlangt., ideelle Werte, nicht maßloses Wachstum.
Und dann kommen die Damen, lassen sich an den Zweigen heruntergleiten, graziös wie am Zirkusseil mit gestrecktem Bein und setzen vorsichtig, fast zart, auf dem Strand auf. Die Kleinen versauen fast wieder in ihrem Ungestüm die ganze Schau, springen von Ast zu Ast, kaum das der Alte wegschaut, tollen herum und balgen sich am Strand, sind wohl schon satt und haben jetzt nur noch Unsinn im Affenhirn. Affenmutter ist geduldig, und der Alte ist vorneweg, kann das Affentheater schon lange nicht mehr ab, und will seine Ruhe haben. So lange die Mütter aufpassen und für Ruhe und Ordnung in der Sippe sorgen, kann er in gebührendem Abstand sein ruhiges Leben führen – wenn die jungen Mütter weiterhin gehorchen.
Vergessen ist die harte Auseinandersetzung , als dieser Schnösel von Casanova-Affe aus der Nachbarherde den Äffinnen den Hof machte, als ich mich mal ein Weilchen zurückgezogen hatte. Wie die sich aufgeputzt hatten, flink die Flöhe aus dem Pelz geklaubt hatten, sich gegenseitig über die Frisur gestrichen hatten- solange umeinander bemüht waren, bis die Konkurrenz durchbrach und keine der anderen auch nur das Schwarze unter dem Nagel gönnte, schon gar nicht den neuen Galan mit dieser aufgetakelten Ziege teilen wollte. Da bin ich aber dazwischengegangen . Dieses Affengetue!
Und dann wurde dieser fremde Affengalan auch noch frech, jagte meine schönste Affenfrau- und die wehrte sich auch nur so zum Schein, um den Galan zu reizen und um die anschießenden Prügel von mir zu verhindern.
Gut, dass ich immer noch täglich ein strammes Trimm-Dich-Programm durchhalte.
Das habe ich von den menschlichen Strandgästen abgeguckt. Die müssen schreckliche Angst davor zu haben, ihre Frauen zu verlieren. Ständig scharwenzeln sie herum, machen gymnastische Übungen, kommen mit geschwellter Brust aus dem Wasser, holen tief Luft, und geben sich eine sonore Stimme, mimen den Überlegenen. Sie trimmen und trimmen sich, bauen sich in Drohgebärden auf. Aber richtig prügeln tun sie sich gar nicht. Wozu das affige Getue? Wenn es nicht in die Tat umgesetzt wird? Eine richtige Prügelei mit Geschrei der Kämpfenden und Gezeter der Frauen: Das ist doch viel Wirkungsvoller!
Bei mir hat ein einmaliges Durchgreifen mit einem kurzen Aufschrei wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt. Die Frauen waren vor Schreck ganz still geblieben Und der Schönen habe ich erst einmal ein Affenkind gemacht. Da war es aus mit den Gedanken an amourösen Abseitstouren.
Die jungen Affen sollten sich das Theater der Menschen mal richtig ansehen, Wie affig das ist! Ab nein ! Die gaffen schon genauso neugierig , anstatt das gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, wie ich. Schleichen sich zögernd, Sprung für Sprung , an diese weißen, schwammigen Fleischberge heran, die alle Klamotten ausgezogen haben, um sich einen kräftigen Sonnenbrand zu holen. Die Füße sind schon ganz rot. Das soll nicht meine Sorge sein! Meinen Jungs werde ich es schon klar machen, dass das keine Vorbilder sind.
Warum haben die eigentlich die Haare , die gegen die Sonne schützenden Haare , abgelegt, rasieren dazu noch ihr Gesicht ganz roh, damit es so richtig verbrennt?
Jetzt tragen sie Klamotten, um diesen eklatanten Entwicklungsfehler zu korrigieren, manche langärmlig, manche kurzärmlig, je nach Empfindlichkeit. Die Frauen machen daraus auch noch eine Mode!
Jetzt fauchen die jungen Affenbengels die Fleischberge auch noch an, bloß weil die photographieren wollen, Ich habe ihnen tausendmal erklärt, dass es ganz ungefährlich ist. Die wollen zu Hause nur sagen können, dass sie einen Affen gesehen haben und zum Beweis ein Bild vorlegen wollen. Das ist alles. Und darum braucht man doch nicht so ein Theater zu machen.
Jetzt ist Schluss. Jetzt bringe ich meine Herde wieder in den Wald. Dahabe ich meine Ruhe. Und der Fleischberg will auch seine Ruhe haben. Das Bild hat er im Kasten, Das war alles, was er wollte. Übrigens war das Frühstück sehr mäßig. Nur ein paar Kekse und sonst nur Müll, viel Müll.